Monday 5 December 2011

Vorsicht ansteckend. Melbournalia Fieber

Manchmal macht man Entdeckungen, die einfach zu gut sind, um sie auch nur mit irgendeiner Seele zu teilen. Doch gleichzeitig sind sie so gut, dass es eine Schande wäre, nicht der ganzen Welt davon zu erzählen.

In einer idealen Welt wären wir von lediglich hübschen Dingen umgeben. In einer idealen Welt gäbe es keinen Kitsch. Was für den einen ideal erscheint, ist für den nächsten schon kitschig und umgekehrt. In den Souvenirshops dieser Welt findet man meistens das Gleiche, ausgetauscht ist lediglich der Ort, den man gerade anbetet. Ob dass nun Kitsch ist oder nicht sei dahingestellt. Kaffeetassen mit I love Amsterdam, Kairo; Einkaufstaschen mit dem Stadtlogo von Stockholm, Barcelona; Schneekugel mit der New Yorker oder der Londoner Skyline ..., vorstellen kann sich die Dinge jeder.

Hier in Australien verhält es sich nicht anders. Manchmal gehe ich in Souvenirshops und studiere das Verhalten der Touristen. Die meisten nehmen sich einen von diesen extrem peinlichen Lederhüten, ein Plastikkrokodil, eines dieser gelben Schilder „Koalas next 200 km“ oder ein aufblasbares boxendes Känguru aus dem Regal, bezahlen überglücklich und schleppen alles seelig heim. Die Sachen verstauben dann langsam, verschwinden wahlweise im Keller, auf dem Dachboden oder im Müll. Genau genommen sind derartige Souvenirs kitschiger Schrott. Die Herstellung belastet die Umwelt und die Müllberge wachsen fröhlich weiter. Was hat ein aufblasbares boxendes Känguru mit der Weite und Schönheit des Outbacks gemein? Richtig, absolut nichts.

Ein eigenes Stück Australien in den Koffer packen

Wenn man aber doch nur einmal in den Urlaub nach Australien kommt, alles unheimlich aufregend findet, sich diesen Traum erfüllt und weiss das so etwas in der Art wohl nicht ein zweites Mal passieren wird, möchte man selbstverständlich doch auch etwas mit Heim nehmen, was einen für immer an diese Zeit und an dieses einmalige Abenteuer erinnern wird. Natürlich hegen die meisten Touristen den Wunsch, ihr eigenes Stück Australien in den Koffer zu packen.

Wer träumt beim Reisen nicht davon, ein Land und dessen Einwohner verstehen zu lernen? In nur einigen Wochen ist das natürlich kaum realisierbar, doch wer unterstützt beim Reisen nicht gerne lokale Designer, wer schont nicht gerne die Umwelt und wer möchte sich nicht daheim noch lange an den gelungenen Urlaub erinnern und sich an der Schönheit der Souvenirs ergötzen?

Melbournalia Fieber

Ansonsten ein Riesenfan von „I love XXX T-Shirts“, die peppen jedes Outfit auf, finde ich „I love Melbourne T-Shirts“ völlig daneben, und doch kann ich mich beim Kauf von Souvenirs aus Melbourne schwer zurückhalten. Wie sollte ich einer Lampe, auf dessen Schirm ein Ausschnitt des Melways (Stadtplan für Melbourne) inklusive meiner Anschrift zu sehen ist, widerstehen? Wie könnte ich jemals wieder ein langweiliges Abtrockentuch benutzen, wenn es mir doch viel leichter fällt, mit einem Küchenhandtuch abzutrocknen, auf welches der Name meines Stadtteils gedruckt ist? Leicht zu erkennen, ich habe Melbournalia Fieber.

 
Melbournalia

Eine Verkaufsveranstaltung von in Melbourne ansässigen Designern ist Melbournalia. Die drei Verkaufsstätten sind über die Stadt verteilt, in alten Industriehallen und ungenutzten Geschäftsräumen in fast vergessenen Einkaufspassagen der Innenstadt. Auf den Spuren von Melbournalia, dass ist ein surreales Erlebnis. Es ist fast so, als betrete man einen alten schwarz weiß Film, in dem einem wie aus dem Nichts bunte und fröhliche Überraschungen geschenkt werden. Melbournalia will zeigen, was fuer ein Design Potential in der Stadt steckt.

Alles, was man hier findet, wurde in Melbourne erdacht, konzipiert, gefertigt und hergestellt. Mit ihren Designs drücken die Künstler aus, was sie mit ihrer Stadt verbindet, was sich in ihrer Stadt wandelt und verändert.

Der perfekte Souvenirshop

... könnte dies werden. Diese Designs sind echte Erinnerungen aus Australien und was für gelungene Souvenirs diese abgeben. Bleibt zu hoffen, dass die Stadt Melbourne diese Chance erkennt und Melbournes Talente gekonnt einzusetzen vermag. Ich wünsche mir, diese nur in der Vorweihnachtszeit geöffneten Verkaufsräume in eine permanente Einrichtung umgewandelt zu erleben. Dann können wir alle uns immer wenn uns danach ist, wieder ein neues Souvenir zulegen, "man wird sehen, was die Stadt daraus macht" erwidert ein Verkäufer auf meinen Vorschlag.


Melbournalia macht Spaß, es gibt so viel zu entdecken, es fühlt sich einfach gut an. Nur eines ist traurig an Melbournalia, die Venues sind für RollstuhlfahrerInnen schlicht und einfach unerreichbar. Und Familien mit Kinderwagen sollten aus Eltern mit dicken Muskeln bestehen, welche die Kleinen in ihren Wagen die Treppen hochzuschleppen vermögen. Was nicht ist, kann ja noch werden.

Nachhaltigkeit in Australien. Lokale Designer unterstützen, Australien mit deren Augen sehen, die Umwelt schonen und daheim die Schönheit der Produkte genießen. Was will man mehr?

Die besten Mittel gegen Melbournalia Fieber

Parlour. The Nicholas Building, Raum 3, 3. Etage (Fahrstuhl).
Melbournalia. 1. Etage, Im Hinterhof 126 Franklin Street, 1. Etage.
Captains of Industry. 2 Somerset Place, 1. Etage.
League. 8 Exploration Lane (ab 8. Dezember).


Alle Venues sind noch bis Heiligabend geöffnet. Achtung, sie sind leider nicht alle für RollstuhlfahrerInnen geeignet.

Melbournalia. Fancy Goods & Postal Service, bitte hier entlang.

Schöne Grüße aus Melbourne!

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